Landschaftlich umwerfende Etappe, deren Schönheit mit jeder Stunde Wanderzeit zunimmt. Sowohl der grüne Lago di Coldai als auch die Civetta-Wand sind unglaublich schön und werden dich beeindrucken. Der Aufstieg zur Tissi-Hütte und der Blick von dort hinab zum Alleghe-See sind zum Sonnenuntergang magisch und der Blick von der Hüttenterrasse bei guter Sicht einmalig.
Nach einem relativ guten Frühstück (sogar ein warmes Croissant, der Rest aber abgezählt) machen wir uns auf den Weg. Da wir immer noch auf der Alternativroute unterwegs sind, müssen wir irgendwie wieder auf die Originalroute gelangen. Wir haben keine Lust, mehrere Kilometer an der Hauptstrasse entlangzulaufen, um zum Passo Staulanza zu gelangen. Der öffentliche Bus fährt leider erst um 10:20, was uns zu spät ist. So suchen wir uns den direktesten Weg und laufen ein kurzes Stück an der Strasse nach rechts entlang und biegen dann in den Wald ab. Leider ist unser Wanderweg wegen Baumarbeiten komplett gesperrt, so dass wir uns entscheiden, den nächstmöglichen dahinter zu nehmen. Also wieder ein Stück an der Strasse entlang und abbiegen – aber auch hier ist der Weg gesperrt. Es ist zum Heulen und so entscheiden wir uns, in die nächst grössere Ortschaft (Pescul) zu laufen und dort nach einem Taxi zu fragen. Dieses kommt dann auch relativ schnell und bringt uns für 30 Euro zum Ausgangspunkt der Wanderung kurz hinterm Staulanza-Pass an einer steilen Kurven. Dort beginnt ein Kiesweg, der zum Rifugio Coldai führt. Das hätten wir auch gleich so haben können… Nun ja, die Kinder sind froh, dass sie sich dieses Stück gespart haben (ihr Vertrauen in meine Planungsfähigkeiten sind noch nicht ganz wiederhergestellt) und wir uns wieder auf dem Originalweg befinden.
Wir folgen einer Naturstrasse und erreichen die Malga Vescova (kleine Hütte, die Milch, Käse und Butter verkauft). Wir erfahren, dass man mit dem Taxi sich sogar bis hier bringen lassen kann, falls man eine längere Etappe an diesem Tag planen würde. Von hier führt ein Wanderweg durchs Gras ein kurzes Stück steil bergauf, welcher bald abflacht. Wir erreichen eine kleine Kreuzung – ab hier treffen wir auf die Tageswanderung und es ist unheimlich viel los. Zahlreiche Schulklassen, Familien und Wandergruppen laufen ab hier mit uns in Richtung Coldai-Hütte.
Der Weg führt in zahlreichen Kehren steil den Berg hinauf, ist aber nie anspruchsvoll oder ausgesetzt. Nach einem letzten steilen Aufstieg können wir die Hütte endlich erblicken und lassen uns auf der gut besuchten Terrasse nieder. Auch hier kann ab 12 Uhr Mittagessen bestellt werden und wir sind überrascht, wie schnell das Essen geliefert wird, wie gross die Portionen sind und wie fein es schmeckt (wenn man die Grösse der Hütte berücksichtigt und auch die Anzahl der Gäste). Die Lage der CAI-Hütte Rifugio Adolfo Sonino al Coldai im obersten Val Ziolere vor dem riesigen Monte Pelmo ist sehr eindrücklich und man hat das Gefühl, von allen Seiten von Bergen umgeben zu sein.
Da wir heute keine extrem lange Etappe vor uns haben, lassen wir uns beim Mittagessen viel Zeit und der nächste Stopp steht auch schon gleich bevor. Nach einem kurzen, steilen Aufstieg zur Forcella Coldai erblicken wir nach 10 Minuten den grün schimmernden Lago Coldai. Der Tiefblick ist wunderschön und so lassen sich alle hier oben nieder und geniessen das Panorama. Wir haben noch eine Art balkonartige Rampe erreicht, die am Fuss der Civetta-Nordwestwand verläuft. Auf dieser werden wir uns die nächsten Kilometer unterhalb der mächtigen, 4km langen Civetta-Wand bewegen.
Erstmal aber geht es steil bergab zum See und einige Wagemutige nehmen sogar ein Bad. Während meine Männer links um den See herumlaufen, um den direktesten Weg zu nehmen, laufe ich rechts herum, um ein paar Fotos zu machen und auch auf den Lago Alleghe zu blicken, der sich tief im Tal unterhalb befindet und der an einem Aussichtspunkt hinter dem Coldai-See auch sichtbar wird.
Der See ist herrlich gelegen und bietet ein tolles Fotomotiv. Wir befinden uns nun unterhalb der 1000m hohen Civetta-Nordwestwand, die uns ehrfürchtig macht.
Es folgt der wohl schönste Teil der heutigen Etappe und auch eine der schönsten Abschnitte unserer 7-Tages-Tour. Der Weg verläuft parallel zur Civetta und führt bald leicht bergab. Dem oberen Weg sollte man hier auf keinem Fall folgen – einerseits endet er irgendwann mitten im Geröll und andererseits kommt es hier immer wieder zu Steinschlag. So steigen wir zur tiefsten Stelle auf 2030m hinab und legen eine letzte Pause an einem kleinen Teich ein, der von herrlichen Bergblumen umgeben ist.
Die ganze Zeit konnten wir von weitem bereits das Rifugio Tissi erblicken und nun machen wir uns für den letzten Aufstieg des Tages bereit. Auch wenn das letzte Stück noch einmal sehr steil ist, ist man doch erstaunlich schnell oben. Zuerst wird erstmal ausgiebig geschaukelt (leider etwas unbequem für Erwachsene), dann auf der Terrasse der Ausblick genossen und dann geht es zum Checkin.
Bevor wir aber die Wanderschuhe ausziehen, laufen wir noch die letzten Meter zum Gipfelkreuz hoch und geniessen den unglaublichen Tiefblick von dort. Wir sind baff – wir können bis zur Lagazuoihütte sehen und auch die Etappen, die wir seitdem gelaufen sind. Wir können mächtig stolz auf uns sein!
Unser Zimmer ist klein und eng, aber wir geniessen natürlich den Luxus eines 4-Bett-Zimmers. Die Toiletten und Dusche sind etwas gewöhnungsbedürftig, da sie keinen Schlüssel zum Abschliessen haben. Im 1. Stock finden wir dann aber eine normale Toilette (nicht die häufig vorkommenden italienischen Stehtoiletten), die auch einen Schlüssel hat. Obwohl es Hochsommer ist, ist es in der Hütte am Abend sehr kalt und erst die Suppe vom Abendessen wärmt uns auf. Das Abendessen ist ein 3-Gänge-Menü mit verschiedenen Optionen und schmeckt uns sehr gut.
Nach dem Abendessen gibt es noch einen kleinen Spaziergang zum Gipfelkreuz – einerseits um die herrlich beschienene Civettawand zu bewundern, andererseits den Sonnenuntergang hinterm Gipfelkreuz. Wenn man sich dort auf eine der Steinplatten legt und ganz nach vorne rutscht, kann man schwindelerregend hinabschauen und sieht Erdpyramiden unterhalb vom Gipfel.