Wanderung von Choruderi zur Baltschiederklause: Zwei Tage in den wilden Walliser Alpen
Silvie Kommentare 0 Kommentare
T2
6:00
11.1km
1529m
1m
Jul-Okt
Das Baltschiedertal ist ein verstecktes Juwel in den Walliser Alpen, das abenteuerlustige Wanderer mit seiner Abgeschiedenheit und unberührten Natur begeistert. Wer die Herausforderung liebt und ein Stück ursprüngliche Alpenlandschaft erleben möchte, wird die Wanderung zur Baltschiederklause lieben – auch wenn das Wetter manchmal seine eigenen Pläne hat. In diesem Blogpost nehme ich dich mit auf eine zweitägige Wanderung von Choruderi zur Baltschiederklause, die wir bei wechselnden Wetterbedingungen erlebt haben. Begleite uns auf einer Reise zur SAC-Hütte mit dem längsten Hüttenzustieg der Schweiz, die Regen, Schnee und Sonne vereinte und uns ein einzigartiges Bergerlebnis geboten hat.
Tag 1: Start in Choruderi – Aufbruch in die Ungewissheit
Der Morgen beginnt vielversprechend: Blauer Himmel, frische Bergluft und die Vorfreude auf ein großes Abenteuer. In Choruderi, einem kleinen Weiler hoch über Ausserberg, packen wir unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg. Die Suche nach dem Parkplatz war gar nicht so einfach, da dort nichts angeschrieben ist und der Wanderweg in einer Kurve beginnt. Wir haben das Auto ca. 200m hinter dieser Kurve auf einem grossen Parkplatz stehengelassen. Achtung: Die Strecke nach Choruderi ist bewillingspflichtig – diese kann am Ortsausgang von Ausserberg am Ticketautomat am grossen Parkplatz für CHF5/Tag gelöst werden.
Zu Beginn führt der Weg entlang der historischen Suone „Niwärch“, einem alten Bewässerungskanal, der für das Wallis so typisch ist. Da diese Wanderung bereits ein Highlight für sich ist, habe ich sie auf einem separaten Blogartikel über die Niwärsch-Suone beschrieben. Wer nicht trittsicher ist (der Weg ist doch recht schmal und abschüssig), kann vom Parkplatz den Wegweisern zum Stollen folgen und so die Suone umgehen.
Die Wanderung im Baltschiedertal ist traumhaft schön
Wir passieren eine kleine Ansammlung von Häusern (hier kann man eine kleine Pause einlegen und sich hinsetzen) und überqueren eine Hängebrücke, um den Furggbach zu überqueren. Der Weg bis hierher verläuft auf flachen und einfachen Pfaden und zeigt keinerlei Schwierigkeit. Wer mit jüngeren Kindern unterwegs ist, könnte auch bis zur Hängebrücke laufen und dann dort wieder umkehren, falls die gesamte Wanderung bis zur Hütte zu weit ist.
Das Wetter schlägt langsam um: Herausforderung und Schönheit zugleich
Ab Mittag wurde der Himmel immer dunkler, Wolken verhängen den Himmel und wabern im Tal. Die Berge bekommen eine wilde, mystische Atmosphäre, und das Gefühl, den Elementen ausgesetzt zu sein, verstärkt den Eindruck, sich in einer der letzten wilden Regionen der Schweiz zu befinden. Wir passieren ein riesiges Schneefeld, welches hier wohl den ganzen Sommer nicht verschwinden wird. Der Wanderweg führt jedoch um dieses herum, so dass wir problemlos daran vorbeikommen.
Durch den langsam einsetzenden Regen werden die Pfade immer rutschiger und jeder Schritt verlangt jetzt mehr Konzentration. Wir legen die Regensachen an, holen unseren Schirm heraus (Lifehack beim Wandern im Regen!) und stellen uns auf einen langen Marsch im Regen ein. Trotzdem geniessen wir die beeindruckenden Aussichten – selbst durch den Regen hindurch waren die steilen Felswände des Baltschiedertals imposant.
Der Weg führte uns tiefer ins Tal hinein, vorbei an tosenden Wasserfällen und über moosbewachsene Felsen. Bald erreichten wir die Brücke über den Baltschiederbach, eine schmale, kleine Metallbrücke, die uns auf die andere Talseite führte. Darunter donnerte der Bach, der vom Regen noch mächtiger geworden war. Es war ein aufregender Moment, als wir die Brücke überquerten – ein Höhepunkt, der uns noch einmal die rohe Kraft der Natur vor Augen führte. Wir hatten gehofft, dort irgendwo einen Unterschlupf zu finden, um eine Mittagspause einzulegen (ich hatte gelesen, dass es hier früher mal ein Biwak gegeben hatte), aber leider blieben wir erfolglos und mussten daher unsere Sandwiches im Stehen und im Regen essen. Die Stimmung droht zu kippen, da kein Ende des Regens in Sicht ist. So marschieren wir schweigend weiter, während der Regen weiterhin auf uns niederprasselt.
Der steile Anstieg zur Baltschiederklause beginnt
Nach der Brücke beginnt der eigentliche Aufstieg zur Baltschiederklause. Der Pfad wird steiler und anspruchsvoller. An manchen Stellen ist Trittsicherheit gefragt, da der Weg durch Geröllfelder und steile Felsstufen führte. Die Berge wirken jetzt düster und majestätisch. Immer wieder werfen wir Blicke zurück ins Tal, das mittlerweile weit unter uns liegt, häufig jedoch mit Wolken verhangen ist.
Immer wieder treffen wir auf hübsche und vor allem motivierende Wegmarkierungen und später finden wir heraus, dass es ehrenamtliche Helfer gibt, die jeweils fürs Markieren eines Wegabschnittes verantwortlich sind und sich hier kreativ austoben können. Häufig zaubern uns die Sprüche oder Bilder ein Lächeln ins Gesicht und vor allem am Ende des langen Zustiegs wirken sie sehr motivierend. Danke liebe Helfer!
Wir erreichen ein Plateau und uns umgibt eine unglaubliche Bergwelt. Wir sind am Talende angelangt und wer dieses überqueren möchte, wird als Bergsteiger unterwegs sein. Endlich erblicken wir auch die Hütte und müssen erstmal schlucken – ohje, die liegt ja ziemlich weit oben und uns trennen noch locker 1,5 Stunden von der Hütte. Von unten ist der Hüttenweg gar nicht zu erkennen und man wundert sich, wo es langgehen soll. So legen wir noch einmal eine längere, ausgiebige Pause ein und machen uns dann an den letzten Aufstieg. Dieser Abschnitt der Wanderung ist sicherlich der eindrücklichste, da man sich inmitten der Walliser Alpen befindet.
Als wir schließlich die Baltschiederklause erreichten, war die Erleichterung groß, dass wir endlich die benötigten Höhenmeter hinter uns gebracht haben. Doch die letzte Hürde wartete noch auf uns: Vor der Hütte lag ein steiles Schneefeld, das uns den Zugang erschwerte. Auf der Webseite der Hütte hatte ich gelesen, dass es hier noch ein Schneefeld geben soll, welches aber markiert und gespurt sein soll. So haben wir keine Grödel, Steigeisen oder Pickel mitgenommen und sehen nun, dass wir hier nicht sicher rüberkommen. Glücklicherweise haben wir hier oben Empfang und so rufen wir erstmal bei der Hütte an. Das Hüttenteam erwartet uns schon (neben einer kleinen SAC-Gruppe sind wir die einzigen Übernachtungsgäste) und ist überrascht, dass wir nicht die notwendige Ausrüstung dabei haben. Sie bietet uns glücklicherweise an, uns abzuholen und 2 Pickel mitzubringen. Mit ihrer Begleitung (und vor allem einem Pickel in der Hand) überqueren wir die beiden Schneefelder und sind froh, dass wir hier nicht umkehren mussten, um den ganzen Weg ins Tal zurückzulaufen. Stirnlampen hatten wir nämlich nicht mitgenommen (kommen aber beim nächsten Mal sicher ins Gepäck) und so hätten wir mehrere Stunden im Dunkeln absteigen müssen.
Ankunft in der Baltschiederklause: Schutz vor den Elementen
Endlich in der Baltschiederklause angekommen, ließ uns die gemütliche Atmosphäre der Hütte schnell die Anstrengungen des Tages vergessen. Die Hütte, auf 2.783 Metern Höhe, bietet nicht nur Schutz vor dem Wetter, sondern auch einen atemberaubenden Blick auf die umliegenden Berge – zumindest, wenn die Wolken sich gelegentlich verziehen. Drinnen ist es warm, und der Duft von einfachem, aber herzhaftem Essen begrüßt uns. Wir trocknen unsere Kleidung, wärmen uns an der heißen Suppe und lassen den Abend bei Gesprächen mit anderen Wanderern ausklingen. Das Hüttenteam verbreitet eine tolle Atmosphäre und wir haben uns sehr wohl gefühlt. Nur der Besuch des Toilettenhäuschens war eine Herausforderung, da dieses ausserhalb der Hütte liegt und man daher dem Regen und der Kälte ausgesetzt war. Die Hütte bietet mehrere Schlafsäle und wir haben das Glück, zu zweit ein eigenes Zimmer zu bekommen. So haben wir hervorragend geschlafen und die Atmosphäre eines Doppelzimmers.
Tag 2: Ein Morgen wie aus dem Bilderbuch
Am nächsten Morgen wachen wir früh auf – und was für ein Kontrast zum Vortag! Die Sonne scheint und der Himmel ist strahlend blau. Rs war, als hätte die Natur über Nacht beschlossen, uns für den kalten, regnerischen Vortag zu entschädigen. Die Gipfel um uns herum leuchteten im Morgenlicht, und die frische Bergluft fühlte sich wie ein Neuanfang an. Hinter der Hütte gibt es eine kleine Erhöhung, die perfekt zum Beobachten des Sonnenaufgangs ist, der die Bergwelt um mich herum mehr und mehr zum Strahlen blickt. Es sind diese Momente in den Bergen, die mir Energie geben und wo ich vom Alltag auftanken kann.
Ist ist fast schon zu kitschig, aber schau dir die Bilder einfach selbst an. Die Berge, die gestern noch in Nebel und Regen verborgen waren, zeigen sich jetzt in ihrer vollen Pracht. Nach dem Sonnenaufgang gibt es ein sehr feines Frühstück in der Hütte – mittlerweile sind wir die einzigen Gäste, da die andere Gruppe bereits früh zum Bergsteigen aufgebrochen ist.
Pünktlich zum Frühstück besucht eine Gruppe von Gemsen die Hütte – sie scheinen hier häufiger vorbeizukommen und das Salz von den Steinen zu lecken. Sie sind sehr scheu, aber immerhin können wir sie durchs Fenster der Hütte beobachten.
Der Abstieg: Sonne, Berge und ein Gefühl der Leichtigkeit
Der Abstieg gestaltete sich bei den sonnigen Bedingungen deutlich angenehmer als der Aufstieg am Vortag. Wir warteten noch eine halbe Stunde, bis der Schnee etwas weich wurde, um die beiden Schneefelder abzusteigen. Als wir die ersten Schritte im Schnee machen, stellen wir schnell fest, dass er griffig ist und wir das alleine hinbekommen werden. Das Hüttenteam hat uns zur Sicherheit noch 2 Pickel mitgegeben, die wir am Ende des Schneefelds deponieren, damit ein anderer Gast sie später zurücknehmen wird.
Bald darauf erreichten wir wieder den schmalen Pfad, der uns ins Tal führte. Die Sonne trocknete die nassen Felsen, und die Landschaft erstrahlte in sattem Grün.
Während wir den Abstieg fortsetzten, kamen uns die Strapazen des Vortags fast surreal vor. Es war, als wanderten wir durch eine andere Welt – die gleichen Berge, die gestern noch bedrohlich und wild gewirkt hatten, zeigten sich nun von ihrer sanften, einladenden Seite. Die steilen Felswände, die uns gestern so viel Respekt abgenötigt hatten, schienen heute fast freundlich.
Nach einem steilen Abstieg erreichen wir das Hochplateau und überqueren mehrmals Gletscherbäche. Endlich können wir die uns umgebenden Berge sehen, die gestern alle im Nebel hingen und immer wieder kommen uns Bergsteiger entgegen – die Hütte wird am heutigen Tag ausgebucht sein.
Wir passieren eine kleine Kapelle, die an verunglückte Bergsteiger gedenkt (leider verschlossen) und von der ma einen umwerfenden Blick hat.
Für den weiteren Abstieg wählen wir den Weg über die Gorperi-Suone, der empfehlenswert ist, wenn man noch Zeit für einen kleinen Umweg hat. Es ist nur etwas mühsam, wenn man mit dem Auto unterwegs ist, da man einen ziemlichen Umweg laufen muss, um wieder zum Parkplatz Choruderi zu gelangen. Die Beschreibung dieses Abschnitts findest du auch auf einem separaten Blogbeitrag über die beiden Suonen.
Wer diese Wanderung plant, sollte sich auf eine anspruchsvolle Tour einstellen, die eine gute Kondition und etwas Trittsicherheit erfordert. Die Baltschiederklause ist nicht leicht zu erreichen, aber genau das macht ihren Reiz aus. Hier, in den wilden und ursprünglichen Walliser Alpen, fühlt man sich weit weg von der Hektik des Alltags und erlebt die Berge in ihrer reinen, ungezähmten Form.
Interessieren dich weitere Wanderungen zu SAC-Hütten? Auf meinem Blog befinden sich mittlerweile über 50 Tourenbeschreibungen zu SAC-Hütten.
ECKDATEN
Dauer | 6:00 Stunden |
Höhenunterschied | ↗1529m ↘1m |
Länge | 11.1 km |
Schwierigkeit | mittel, T2 |
Lage | Kanton Wallis |
Genaue Route | Choruderi – Niwärch-Suone – Baltschiederklause |
Tour durchgeführt im | Juli 2024 |
Geeignet für Kinder | Nur mit wirklich ausdauernden Teenagern planen. Der Weg ist zwar technisch nicht kompliziert, aber der Zustieg mit 1500 Höhenmetern doch anspruchsvoll. Auch die Höhe der Hütte darf nicht unterschätzt werden. Grosses, steiles Altschnee-Feld auch noch im Juli. |
Buchempfehlung | Familienausflüge zu SAC-Hütten: 41 erlebnisreiche Wanderungen mit Kindern (Alpin-Wanderführer) |