2-Tages-Wanderung zur Oberaletschhütte (2640m)
Tag 1: mittel | 4:25 h | 9.9 km | ↑ 856 Hm | ↓ 300 Hm
Ich habe Besuch von einer Freundin, die noch nie in der Schweiz wandern war und so versuche ich, kurzfristig 3 Schlafplätze auf einer SAC-Hütte zu ergattern. Da die Wettervorhersage hervorragend ist, ist dies gar nicht so einfach, aber ich werde bei der Oberaletschhütte fündig. Ich kenne diese Hütte bereits von einer Tageswanderung vor 5 Jahren (Wahnsinn, dass ich diese Tour damals an einem Tag gemacht habe) und war damals schon begeistert. Da die Freundin ausserdem unheimlich gerne Zug fährt, passt die 3-stündige Anreise ins Wallis ja perfekt und ich bin sowieso ein riesiger Fan von diesem Kanton!
Wir sind mit einer Tageskarte der SBB unterwegs und sind überrascht, dass die Seilbahnfahrt hoch zur Belalp mit eingeschlossen ist. Dies gilt übrigens auch für den nächsten Tag, als wir von der Riederalp wieder ins Tal fahren – da kann man bei dieser Wanderung mit der Tageskarte wirklich punkten!
Die Wanderung startet sehr gemütlich auf der Belalp. Hier oben könnte man noch die Wasserflasche auffüllen und einen kleinen Snack zu sich nehmen. Wir folgen für 30 Minuten dem breiten, flachen Höhenweg bis zum historischen Hotel Belalp, welches ein bemerkenswertes Gebäude der Belle Epoche ist und seit 1858 viele Reisende vor allem aus England angelockt hat. Ganz in der Nähe vom Hotel hat es eine kleine Kapelle, die wir während der 2-tägigen Wanderung aus allen möglichen Perspektiven sehen werden und die fast immer gut am Horizont zu erkennen ist.
Beim Hotel sehen wir das erste Mal den Aletschgletscher in der Ferne bzw. die Reste, die noch übrig sind. Der Anblick ist eher traurig, aber immer noch eindrücklich, wenn man vorher noch nie einen Gletscher gesehen hat. Wir steigen kurz über die Steigglen bergab bis zur Verzweigung bei Hirmi. Wir kommen an einer riesigen Gruppe der knuddeligen Walliser Schafe vorbei, die aber massiv unter der Temperatur leiden und hier oben gar keinen Schatten finden. Sie haben von hier oben einen tollen Blick auf die Bergwelt, machen aber einen eher lethargischen Eindruck auf uns.
Wir lassen uns in ihrer Nähe nieder und packen unser mitgebrachtes Mittagessen aus. Lange halten wir es aber auch nicht aus – in der Sonne ist es am heutigen wolkenlosen Tag sehr heiss. Von hier aus könnte man zur Riederalp rüberwandern (wir nehmen diesen Weg am nächsten Tag). Wir bleiben aber auf dem Wanderweg und erreichen bald die südliche, alte Muräne des Oberaletschgletschers. Von hier geht es steil bergab in die mächtige Schlucht.
Bereits aus der Ferne haben wir den Wanderweg bewundert, der in den Fels geschlagen wurde. Dieser ist mit einem Zaun gesichert und vor allem zur Mittagszeit eine schweisstreibende und steile Angelegenheit.
Vor allem Kinder wird dieser Abschnitt begeistern – die Kombination aus Hängebrücke, Gletscherbach und Wanderweg im Fels ist unheimlich spannend und die Wanderung ist bereits jetzt sehr abwechslungsreich.
VHinter der Brücke steigen wri zum Muränenrücke Lochegga auf und es beginnt ein wirklich steiler Anstieg bis zum Ende der Muräne auf ca. 2600m Höhe. Hier muss man dann die Zähne zusammenbeissen und vor allem Kinder gut motivieren.
Bald jedoch erreichen wir den Höhenweg zur Oberaletschhütte, der im Jahr 2006 angelegt wurde (früher verlief der Wanderweg über den Aletschgletscher). Der neue Höhenweg ist sehr grosszügig mit Ketten und Seilen versehen. Häufig wurden auch Steinplatten verlegt, um die Wanderung zu erleichtern. Der Wanderweg entstand mit einem Aufwand von 5000 Arbeitsstunden, welcher von 12-15 ständigen Mitarbeitern geleistet wurde.
Der nun folgende Wanderweg ist extrem eindrücklich und nach jeder Kurve offenbart sich ein neuer Blick aufs Tal und den Gletscher bzw. die Gletscherreste.
Der Wanderweg verläuft in leichtem Auf und Ab. An einigen Stellen ist Vorsicht geboten, da es steil bergab geht, aber man kann sich immer gut festhalten. Wir passieren sogar einen kleinen Wasserfall und können uns dort ein wenig abkühlen und die Arme ins kalte Wasser halten.
Endlich sehen wir die Hüttenfahne in der Ferne und bald danach haben wir die Hütte erreicht. Wir werden sehr herzlich empfangen und wir sind inmitten einer internationalen Gruppe von Wanderern – wir hören Englisch, Spanisch und auch Französisch. Die Wanderung scheint nicht nur bei Schweizern beliebt zu sein und dies vollkommen zu recht!
Die Hütte am Westgrat des Fusshorns ist für die Badewanne auf der Terrasse bekannt, auf der mehrere Quietschenten schwimmen. Nach unserer Ankunft genehmigen wir uns den obligatorischen Hüttenkuchen und können die Linzer Torte sehr empfehlen (meine Freundin kommt aus Linz und kennt diesen daher sehr gut).
Die Hütte ist extrem gut besucht und so müssen wir beim Abendessen zusammenrücken. Wie auf jeder SAC-Hütte kommt man somit aber gut mit anderen ins Gespräch und der Abend vergeht sehr schnell. Nach dem Essen geniessen wir noch den eindrücklichen Sonnenuntergang direkt aus unseren Liegestühlen – was könnte es besseres geben?
ECKDATEN
| Dauer | 4:25 Stunden |
| Höhenunterschied | ↗ 856 Hm, ↘ 300 Hm |
| Länge | 9.9 km |
| Schwierigkeit | T3 (mittel) |
| Lage | Kanton Wallis |
| Genaue Route | Belalp – Hotel Belalp – Oberaletschhütte |
| Tour durchgeführt im | September 2023 |
| Geeignet für Kinder | Für bergerfahrene Kinder ab ca. 5 Jahren geeignet. Unser 13-jähriger meisterte die Strecke problemlos. Auf der Hütte haben wir dann 5-jährige Kinder getroffen. Der Weg ist teilweise abschüssig und ausgesetzt, häufig aber mit Ketten gesichert. |
| Buchempfehlung SAC-Hütten mit Kindern | Familienausflüge zu SAC-Hütten: 41 erlebnisreiche Wanderungen mit Kindern (Alpin-Wanderführer) |
Tag 2: schwer | 5:50 h | 13.7 km | ↑ 702 Hm | ↓ 1430 Hm
Nach einer eher unruhigen Nacht (wie es halt so ist im Massenschlag auf einer SAC-Hütte) stehen wir schon früh auf, um den Sonnenaufgang zu geniessen. Der Sonnenaufgang heute lohnt sich wahrhaftig und taucht die umliegende Bergwelt in tolle Farben!
Hinter der Hütte taucht plötzlich eine Gruppe Steinböcke auf – also ob sie sich passend zum Sonnenaufgang präsentieren wollen. Der Moment ist unwirklich – vor uns der Sonnenaufgang, hinter uns die angestrahlten Berge der Walliser Alpen und dann noch die Gruppe Steinböcke…
Nachdem das Spektakel vorbei ist, gehen wir alle in die Hütte und lassen uns das überaus feine Frühstück schmecken. Wir packen unsere Rucksäcke und machen uns auf den Rückweg. Wie bereits gestern folgen wir dem Höhenweg, der uns bis zur Endmuräne führen wird, dann wieder über die Hängebrücke der Schlucht und schliesslich zur Abzweigung zur Riederalp.
Mein Sohn hat natürlich mitbekommen, dass wir uns kurz vor der Seilbahnstation von gestern befinden, aber ich kann ihn überzeugen, dass wir heute den längeren Weg laufen werden, um über die Hängebrücke und durch den Aletschwald laufen zu können. Zum Glück willigt er ein und stellt sich seinem Schicksal. Am Ende des Tages wird er aber froh sein, dass wir diesen Weg gewählt haben, dann er lohnt sich wahrhaftig!
Nach der Abzweigung zur Riederalp passieren wir den Rest der Schafherde, die sich grösstenteils ein Plätzchen im Schatten gesucht hat und die Hitze dadurch besser verträgt. Es folgt ein toller, spannender Abstieg zur kleinen Kapelle und den nahegelegenen Alphütten. Wir lassen uns hier im Schatten nieder und legen unsere Mittagspause ein. Eine sehr neugierige Kuh leistet uns Gesellschaft und kommt extrem nah an uns heran.
Es folgt ein Abstieg über mehrere Steinplatten zur Hängebrücke über die Massaschlucht. Dort begrüsst uns eine kleine Gruppe Ziegen, die uns eifrig das Salz von den Gliedmassen lecken – sei es unseren Beinen, Armen oder auch Händen. Mein Sohn ist total begeistert, möchte am liebsten den ganzen Tag hierbleiben und meint, dass er ja nun heute abend wohl nicht mehr duschen müsse…
Die 124m lange leicht wacklige Hängebrücke führt über die wild schäumende Massa. Mein Sohn hüpft freudig auf und nieder, um die Brücke zum Schwingen zu bringen. Vergessen sind die bisherigen Anstrengungen der Wanderung und der Blick in die 80 m tiefe Massaschlucht ist wahrhaft einschüchternd. Die 2008 erbaute Brücke ist jedoch ziemlich stabil, so dass auch Wanderer mit Höhenangst hier gut rüberkommen sollten.
Auf der anderen Seite der Brücke folgt ein Aufstieg über 500 Höhenmeter. Diese müssen sich am Ende dieses Wandertages wahrlich verdient werden, aber sie führen durch den mystischen Aletschwald, der naturbelassen ist und die Natur im Gleichgewicht ist. Umgestürzte Bäume werden hier nicht entfernt, sondern zum Verrotten liegengelassen. Der Wald beherbergt 1000 Jahre alte Arven und wurde bereits 1933 zum Naturschutzgebiet erklärt.
Wir passieren den wunderschönen Grünsee, der sich auch perfekt für eine kleine Rast eignet und steigen die nächste Stunde im Aletschwald zur Riederfurka auf. Das Restaurant hier oben wirkt sehr einladend, aber wir steigen direkt zur Seilbahn ab, da wir noch eine lange Heimreise vor uns haben. In der Riederalp angekommen können wir wieder unsere SBB-Tageskarte für die Seilbahn nutzen und fahren fast 30 Minuten zur Talstation hinab. Von hier sind es dann knapp 3 Stunden, bis wir wieder in Zürich angekommen sind.
Bist du an anderen Wanderungen zu SAC-Hütten interessiert? Ich habe schon viele besucht und die besten in einer Liste zusammengestellt.
ECKDATEN
| Dauer | 5:50 Stunden |
| Höhenunterschied | ↗ 702 Hm, ↘ 1430 Hm |
| Länge | 13.7 km |
| Schwierigkeit | T3 (mittel) |
| Lage | Kanton Wallis |
| Genaue Route | Oberaletschhütte – Kapelle Aletschji – Hängebrücke – Aletschwald – Riederalp |
| Tour durchgeführt im | September 2023 |
| Geeignet für Kinder | Für ausdauernde Kinder geeignet, da sehr langer Tag. Technisch anspruchsvoll ist nur der erste Teil der Strecke entlang des Felswegs. Empfehlenswert ab Teenageralter. Mit jüngeren Kindern den Weg vom Tag 1 zurücklaufen, da viel kürzer. |
| Buchempfehlung SAC-Hütten mit Kindern | Familienausflüge zu SAC-Hütten: 41 erlebnisreiche Wanderungen mit Kindern (Alpin-Wanderführer) |