Vom schnuckeligen Dörfchen Gasenried aus führt der Normalweg zur Bordierhütte (2886m) durch mehrere Abschnitte, die in eine hochalpine Kulisse passen würden. Nachdem man die Lärchenwälder hinter sich gelassen hat, öffnet sich das Tal und zeigt deutliche Anzeichen der fortschreitenden Klimaerwärmung. Der folgende Weg entlang der Alpija und entlang der Moräne gibt einen Hinweis darauf, wie beeindruckend der Riedgletscher einst gewesen sein muss. Im Jahr 2023 wurde eine neue, technisch weniger anspruchsvolle Route eingerichtet, die keine Überquerung des Gletschers mehr erfordert. Diese Route ist nun mit rot-weiß-roten Markierungen versehen. Der alte alpine Wanderweg, der zuvor mit weiß-blau-weißen Markierungen den Gletscher auf einem flachen Abschnitt überquerte, wird nicht mehr instand gehalten. Die hochalpin gelegene Hütte ist vom Mischabelgebirge der Walliser Alpen umgeben und punktet mit dem abendlichen Besuch von Steinböcken, die durch Salz auf der Hüttenterrasse angelockt werden.
Die heutige Anreise aus Zürich bis nach Gasenried gestaltet sich ziemlich lang, muss doch mehrmals umgestiegen werden. Da das Postauto nach Gasenried nur selten fährt, ist es fast bis zum letzten Platz gefüllt – es ist Samstag, die Wettervorhersage ist super und die Hütte ist ausgebucht. Wir haben die Bordierhütte bereits vor einigen Monaten gebucht, was hier am Samstag auch unbedingt zu empfehlen ist, um einen der begehrten Plätze zu ergattern.
Da wir um die Mittagszeit in Gasenried ankommen, setzen wir uns erstmal in den Schatten und packen unser mitgebrachtes Picknick aus. Es hat hier sogar ein Restaurant, in welchem man sich auch verpflegen könnte. Wir folgen den Wegweisern zur Bordierhütte und werden auf einer anfangs geteerten, später gekiesten Strasse entlanggeführt. Dieser Weg ist zwar nicht so spannend, aber dafür umgeben von unzähligen Himbeersträuchern und vereinzelten Walderbeeren. So schlemmen wir uns den Weg entlang und kommen natürlich kaum vorwärts.
Der Weg führt bald in einen Wald hinein und steigt langsam an. Im Schatten ist es angenehm zu laufen und wir kommen dem Riedbach immer näher. Die Wassermassen stürzen hier gewaltig ins Tal und sind nach Regenfällen bestimmt besonders eindrücklich.
Nachdem wir den Wald verlassen haben, quert der Weg ein erstes Steinfeld (hier nicht stehenbleiben da Steinschlaggefahr) und verläuft nun sehr nah am Bach.
Wir erreichen ein kleines Plateau, auf welchem der Fluss ein wenig mäandert und wir uns in den Schatten setzen. Unsere Wasserflaschen kühlen wir im eiskalten Gletscherwasser, während unser Sohn Wasser staut und Steine verbaut. Wir queren eine Brücke und sehen nun den Gletscher das erste Mal aus unmittelbarer Nähe. Auf der anderen Seite steigt der Weg weiterhin an, bis wir eine kleine Alphütte erreichen mit einem Brunnen und Sitzgelegenheiten davor. Wir füllen unsere Flaschen auf und machen uns an den langen Aufstieg zur Hütte. Von hier sind es noch 2:40 Stunden, die sich ziemlich in die Länge ziehen werden (vor allem bei heissen Temperaturen).
Der Weg ist toll angelegt und wir kommen der Muräne und dem Gletscher immer näher. Bald schon können wir die Hüttenfahne weit in der Ferne entdecken – nicht gerade motivierend für unseren Sohn, der realisiert, wie weit es noch ist. Wir kommen an der Abzweigung zum alten Hüttenzustieg vorbei (dieser ist mit Steinen zugebaut) und sind begeistert vom neu angelegten Weg, der es uns ermöglicht, zu dieser Hütte zu gelangen, ohne einen Gletscher queren zu müssen.
Der Weg ist an einigen Stellen leicht ausgesetzt und auch etwas schmaler, aber trotzdem sehr gut zu laufen. Jüngere Kinder sollten hier wohl an die Hand genommen werden. Eindrücklich führt der Weg an riesigen Felsen vorbei, bis wir eine Kurve erreichen. An dieser führen Seile als Handlauf entlang und plötzlich stehen wir genau vorm Ende des Riedgletschers. Merklich weht uns ein kühler, erfrischender Wind vom Gletscher her rüber und wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus.
Der Gletscher hat hier ein riesiges Gletschertor geschaffen, an dessem unterem Ende der Bach entspringt. Auf einer Metallbrücke können wir diesen Bach überqueren und die Ausmasse des Gletschers betrachten.
Auf der anderen Seite führt der Weg weiterhin steil bergauf und ist immer wieder mit Seilen und Steighilfen versehen.
Dann endlich kommt die Hütte näher und ein uns entgegenkommender Wanderer macht uns Hoffnung, dass wir die Hütte bald erreicht haben. Wir müssen jedoch noch ein letztes, grosses Geröllfeld queren, welches aber super markiert ist, so dass der Weg sehr leicht zu finden ist.
Am Ende des Gerölls führen einige Leitern bergauf und ein letzter Aufstieg liegt vor uns. Endlich dann können wir die Hütte erblicken und den direkt dahinterliegenden Gletscher.
Die Hüttenterrasse ist liebevoll gestaltet mit zahlreichen Willkommensschildern. Am heutigen sonnigen Tag ist sie gut besucht und wir beziehen einen der letzten Plätze im Massenschlag.
Da die Hütte ausgebucht ist, wird es beim Abendessen eng im Aufenthaltsraum und alle müssen ein wenig zusammenrutschen. Nach dem Abendessen zieht es uns nach draussen, da wir bereits vorher von den abendlichen Besuchern gelesen haben. Der Hüttenwart streut nämlich Salz auf Steine neben der Terrasse, so dass Steinböcke angelockt werden.
Diese kommen auch pünktlich am Abend vorbei und lassen sich von den Hüttenbesuchern auch überhaupt nicht stören. So können wir bis zum Eindunkeln beobachten – für unseren Sohn ist es das erste Mal, dass er diese Tiere aus der Nähe sieht!
Während am Horizont die Sonne untergeht, stehen die Steinböcke stolz im Vordergrund und lassen sich geduldig von uns fotografieren.
Die meisten Hüttenbesucher sind für Bergtouren hier oben und so haben wir eine relativ unruhige Nacht, da die ersten bereits um 2 Uhr nachts aufstehen. Eine weitere Gruppe steht dann um 4 auf und die verbleibenden Wanderer (nur eine kleine Gruppe) findet sich um 7 zum Frühstück ein. Am Horizont geht die Sonne auf und bestrahlt die Waliser Bergwelt – was für ein herrlicher Anblick!
Der Abstieg verläuft auf der gleichen Route und so erreichen wir schon bald das Gletschertor. Die Wanderung heute ist viel angenehmer, da wir noch lange im Schatten laufen und es auch noch nicht so heiss ist. So legen wir eine erste Pause am Gletscher ein und betrachten ihn ausführlich aus allen möglichen Perspektiven – ein tolles Erlebnis für Kinder!
An einem Teilstück können wir sogar kurz reingehen und entdecken eine Gletscherhöhle ganz nah am Eingang.
Je tiefer wir absteigen, umso mehr Tagesgäste kommen uns entgegen. Die Tour ist wohl auch bei Wanderern beliebt, die eine Tagestour machen. Obwohl uns auch ein Vater mit seinem ca. 10-jährigen Sohn entgegenkommt, würde ich die Tour mit Kindern unbedingt mit Übernachtung empfehlen, da es sonst ein sehr langer Tag wird und man so die Steinböcke verpassen würde.
Als wir die Alp erreichen, treffen wir auf eine Gruppe von den bekannte Waliser Schafen, die gestern hier nicht anzutreffen waren. Sie sind herrlich anzusehen mit ihren Löckcen und schwaren Gesichtern. Einige von ihnen lassen uns sogar ziemlich nah kommen, so dass wir sie in Ruhe beobachten können. Die meisten sind jedoch sehr scheu und liegen lieber im Schatten der umliegenden Steine.
Für den verbleibenden Abstieg wählen wir kurz vor Gasenried einen anderen Weg, der nicht auf dem eher langweiligen Kiesweg entlangführt, sondern von oben nach Gasenried führt. Dieser ist viel schöner und idyllischer und führt uns kurz an einem der zahlreichen Wasserwege entlang, die nach Grächen führen. Wer einen guten Anschluss und noch Lust zum Laufen hat, kann von hier aus auch nach Grächen laufen, anstelle nach Gasenried abzusteigen. Wir wählen aber den Weg nach Gasenried, da wir hier gleich Anschluss ans Postauto haben, welches uns wieder (mit Umsteigen) nach Visp bringen wird.
Bist du an anderen Wanderungen zu SAC-Hütten interessiert? Ich habe schon viele besucht und die besten in einer Liste zusammengestellt.
ECKDATEN
Dauer
Aufstieg: 4h, Abstieg: 3h
Höhenunterschied
Tag 1: ↗ 1261 Hm
Tag 2: ↘ 1261 Hm
Länge
Tag 1: 6.5 km
Tag 2: 6.5 km
Schwierigkeit
T3 (anspruchsvoll)
Lage
Kanton Wallis
Genaue Route
Gassenried – Gletschertor – Bordierhütte
Tour durchgeführt im
August 2023
Geeignet für Kinder
Für bergerfahrene und ausdauernde Kinder ab ca. 8 Jahren. Teilweise leicht ausgesetzt, aber keine Seilsicherung notwendig. Konditionell anspruchsvoll.