
Die Wanderung zur SAC-Hütte Capanna Alzasca: Eine Herausforderung im Tessin
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T2
1404m
1404m
07:30
Mai-Nov
18.6km
Die Wanderung von Someo zur SAC-Hütte Capanna Alzasca ist eine fordernde Tour, die durch ihre Abgeschiedenheit und die unberührte Natur beeindruckt. Mit steilen Anstiegen, unzähligen Stufen und einer hohen Anzahl an Höhenmetern ist diese Route eine echte Herausforderung – aber auch ein unvergessliches Erlebnis. Besonders in der Zwischensaison entfaltet die Strecke ihren eigenen Charme, wie ich auf meiner Wanderung im Mai feststellen konnte. Durch die hohe Anzahl an Höhenmetern im Zustieg ist die Tour sehr einsam und in der Nebensaison wenig begangen. Somit ist sie sogar ein kleiner Geheimtipp, wenn du in der Stille und allein unterwegs sein möchtest.


Start in Someo: Die Wanderung beginnt
Früh am Morgen nahm ich den Zug von Zürich ins Tessin und schaffte es am Bahnhof Locarno sogar noch etwas Gepäck ins Schliessfach einzuschliessen (eine Meisterleistung bei 5 Minuten Umsteigezeit). Von dort nahm ich den Bus ins Maggiatal und nach einer Stunde und Umstieg in Bignasco erreichte ich den Ausgangsort meiner Tour.
Mein Abenteuer begann in Someo, einem kleinen Dorf im Maggiatal, das als Ausgangspunkt für zahlreiche Wandertouren dient. Der Tag war trocken, der Himmel überwiegend bewölkt, mit gelegentlichen sonnigen Abschnitten – ideales Wanderwetter. Someo selbst ist ein Ort, der zum Verweilen einlädt. Die traditionelle Tessiner Architektur mit ihren Steinhäusern und engen Gassen verleiht dem Dorf einen besonderen Charme. Doch ich war voller Tatendrang und freute mich darauf, die Natur in ihrer vollen Pracht zu erleben.


Nach den starken Regenfällen der vergangenen Tage war der Boden jedoch noch feucht, und ich war mir bewusst, dass mich einige Herausforderungen erwarten würden. Auch zeigte mir die Swisstopo App noch Schnee im Umfeld der Hütte an, so dass ich nicht wusste, ob ich es wirklich bis zur Hütte schaffen würde.
Bald schon hatte ich die Flusshängebrücke „Passarelle Someo“ erreicht, welche mit ihren 380 Metern die längste Hängebrücke im Kanton Tessin ist. Kurz dahinter erreichte ich einen kleinen Bach, der mit dem heutigen Wasserstand unüberwindbar schien. Da ich keine Lust auf nasse Socken und Schuhe hatte, nahm ich einen Umweg links vom Bach entlang (im oberen Bereich hat es eine kleine Hängebrücke) und bog dann bald wieder auf den offiziellen Wanderweg ein.


Nach dem Bachabschnitt wurde der Weg steiler. Der Pfad war hier durch die Feuchtigkeit rutschig, und ich musste bei jedem Schritt vorsichtig sein, um nicht auszurutschen. Die Vegetation war hier besonders dicht, und das satte Grün der Bäume und Sträucher schien mit den Resten der Regentropfen zu glitzern. Der Geruch von feuchter Erde und Wald lag in der Luft, und ich atmete tief durch, um diese Eindrücke in mich aufzunehmen. Immer wieder stieß ich auf umgefallene Bäume, die noch nicht vom Wanderweg beseitigt worden waren.


Die unendlichen Stufen
Je weiter ich aufstieg, desto dominanter wurden die Stufen. Es fühlte sich an, als würde der Weg fast ausschließlich aus steilen Steintreppen bestehen. Diese prägende Charakteristik des Weges erfordert nicht nur eine gute Kondition, sondern auch mentale Ausdauer. Immer wieder fragte ich mich, wie viele Stufen wohl noch vor mir lagen, doch die Aussicht auf die umliegenden Berge und die faszinierende Natur entschädigte für die Anstrengungen. So ziemlich jede Wanderung im Tessin ist von unzähligen Treppenstufen geprägt, da man entweder links oder rechts vom Tal die steilen Flanken der Berge aufsteigen muss. Wenn man den höchsten Punkt erreicht hat, geht es oft als Höhenweg weiter, aber dafür muss man erstmal die ersten 1000-1500 Höhenmeter hinter sich gebracht haben.


Die Steintreppen scheinen hier eine Art Denkmal der Region zu sein. Man kann sich leicht vorstellen, wie Generationen von Wanderern und Einheimischen diese Wege genutzt haben. Die Stufen, teils aus großen Felsbrocken und teils aus ungleichmäßigen Steinen geformt, erzählen Geschichten von Arbeit, Tradition und einer tiefen Verbindung zur Natur.


Trotz der Einsamkeit der Strecke – ich begegnete auf der gesamten Tour keiner einzigen Person – hatte ich das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen. Die Zwischensaison verlieh der Wanderung eine fast meditative Qualität.


Ohne Ablenkung konnte ich mich voll auf die Natur konzentrieren: das Rauschen des Windes, das Zwitschern der Vögel und das Knirschen des feuchten Bodens unter meinen Wanderschuhen. Ab und zu hielt ich inne, um die Ruhe zu genießen und die Umgebung auf mich wirken zu lassen. Häufig aber auch, da ich so ausser Atem war, dass ich nur noch mein Keuchen hören konnte…




Auf halbem Weg der Wanderung erreicht man die Alpe Soladino, ein idyllischer Ort, der sich bestens für eine Übernachtung eignet. Die Alpe liegt inmitten einer malerischen Landschaft, umgeben von den majestätischen Bergen des Maggiatals. Hier kann man die Ruhe der Natur genießen und eine Pause einlegen, um sich von den Anstrengungen des Aufstiegs zu erholen. Die Alpe Soladino bietet einfache, aber gemütliche Unterkünfte und ist besonders für Wanderer eine willkommene Raststation. Wer hier übernachtet, wird mit einer beeindruckenden Aussicht und einem authentischen alpinen Ambiente belohnt.


Es lohnt sich, die Alpe im Voraus zu buchen, besonders in den belebteren Monaten, da die Plätze begrenzt sind und die Alpe in der Region eine beliebte Übernachtungsstelle für Wanderer darstellt. So werfe ich einen kurzen Blick in die hübschen Tessiner Häuser und bin total begeistert. Später sehe ich auf der Webseite der Alpe, dass sie zahlreiche Kurse, Klassenlager und Helferwochen anbieten – ich denke, dass ich hier unbedingt mal wieder herkommen muss!


Heute kann ich leider hier keine Pause machen, da ich ja noch vor Einsetzen der Dunkelheit die Wanderung beendet haben möchte und ich auch noch nach Locarno fahren muss.


Ein kurzes Stück hinter der Alpe befindet sich eine weitere Ansammlung von einigen Häusern und ich bin überrascht, als ich auch hier Rauch aus dem Schornstein sehen kann. Hier oben ist ja mehr los als erwartet und so winke ich aus der Ferne den Hausbesitzern zu.



Die letzte Etappe: Schnee und die Capanna Alzasca
Je näher ich der Hütte komme, desto mehr steigt die Vorfreude. Mittlerweile bin ich seit knapp 4 Stunden unterwegs und habe fast die kompletten 1400 Höhenmeter geschafft. In der Nähe der Capanna Alzasca liegt noch ein klitzekleines bisschen Schnee, der jedoch beim Wandern nicht stört.


Die Aussicht von der Hütte ist atemberaubend: Die umliegenden Berge und Täler erstrecken sich in ihrer vollen Pracht, und die Wolkendecke, die hin und wieder von der Sonne durchbrochen wurde, verleiht der Szenerie eine fast mystische Atmosphäre.


Die Hütte selbst ist einfach, aber einladend. Der Winterraum bietet Schutz vor der Witterung, und ich war dankbar für die Möglichkeit, mich aufzuwärmen und etwas zu essen. Ich hatte meinen Proviant gut geplant und genoss eine Pause mit Tee und einer kleinen Brotzeit, während ich die spektakuläre Aussicht auf die umliegenden Gipfel und das Tal darunter bewunderte. In solchen Momenten wird einem bewusst, warum man sich den Anstrengungen einer solchen Wanderung aussetzt.


Die Hütte war geöffnet und so konnte ich mir das Innere der Hütte in Ruhe anschauen. Sobald ich die Tür öffnete, schlug mir der typische Geruch von SAC-Hütten entgegen. Die Alzasca-Hütte besteht aus einer Ansammlung von mehreren Gebäuden, von welchen das Hauptgebäude zugänglich war. Dieses hat eine grossen Aufenthaltsraum mit Kochgelegenheiten und im oberen Stock einen Massenschlag. Wer ausserhalb der bewarteten Zeit übernachten möchte, muss auch dies online reservieren und vor Ort dann das Geld hinterlegen oder später überweisen.


Nach einer ausgiebigen Pause mache ich mich an den Abstieg. Ich hatte überlegt, ob ich die Route nach Cevio wählen soll, um nicht auf dem gleichen Weg zurücklaufen zu müssen. Diese wird jedoch mit 1 h zusätzlicher Dauer und ein paar zusätzlichen Höhenmetern angegeben. Die Swisstopo-App zeigt mir aber schon für den Abstieg entlang meiner Aufstiegsroute knapp 2 Stunden an, so dass ich doch lieber den kürzeren Weg wähle. Im Nachhinein kommt man mit den 2 Stunden gar nicht hin, zumal ich ja auch bereits schon den langen Aufstieg in den Beinen habe.


Da der Weg vom Regen der Vortage vor allem im Abstieg sehr rutschig ist, komme ich nur langsam voran und brauche am Ende knapp 3 Stunden. Wenn du in der Hütte übernachtest und 2 Tage für die Tour Zeit hast, würde ich dir auf jeden Fall eine andere Route für den Abstieg empfehlen, da die Gegend wunderschön ist und du so noch mehr vom Tessin entdecken kannst.


Auch beim Rückweg komme ich wieder am überfluteten Bach vorbei und dieses Mal müssen die Socken dran glauben. So ziehe ich die Schuhe aus, lasse aber die Socken an, da es sehr viele Steine und Kies beim Überqueren hat. Nachdem ich die andere Seite erreicht habe, ziehe ich dann die Socken aus und laufe ohne diese weiter, um u verhindern, dass meine Schuhe nass werden. Dies funktioniert erstaunlich gut! So erreiche ich rechtzeitig die Bushaltestelle (der Bus nach Locarno fährt jede 30 Minuten) und fahre von dort zurück zum Bahnhof nach Locarno.



Tipp: Übernachtet habe ich in der Jugendherberge in Locarno. Diese ist mit einem 15-minütigen Fussmarsch vom Bahnhof zu erreichen oder aber auch mit dem Bus. Als Gast erhälst du das Ticino Ticket, mit welchem du am An- und Abreisetag kostenlos mit den Verkehrsmitteln im Tessin fahren kannst. In der Jugendherberge erhälst du als Mitglied und als Transakunde einen Rabatt, so dass ich dort unschlagbare 60 CHF für eine Nacht für ein Einzelzimmer gezahlt habe.
Falls du Interesse an weiteren Wanderungen zu SAC-Hütten hast, schau gerne auf meinem Blogbeitrag über SAC Hütten vorbei! Ich habe bereits über 100 SAC-Hütten besucht und teile dort meine Erlebnisse und Empfehlungen für Touren in verschiedenen Regionen.
ECKDATEN
Dauer | 7:30 Stunden |
Länge | 18.6 km |
Höhenunterschied | ↗ 1400m ↘ 1400m |
Schwierigkeit | T2 |
Lage | Kanton Tessin |
Tour durchgeführt im | Mai 2025 |
Geeignet für Kinder | Technisch unkompliziert, benötigt aber viel Ausdauer. Für ältere Teenager geeignet. Mit Kindern am besten übernachten und am nächsten Tag weiterlaufen. |
Genaue Route | Someo – Alpe Soladino – Capanna Alzasca – Retour |
Geeignet für Kinderwagen | Nein |
Geeignet für Hunde | Ja |
Buchempfehlung | Erlebnisreiche SAC-Hütten: Bergabenteuer für Familien |