
Schneeschuhtour mit Aussicht: Von Madulain zur Es-Cha-Hütte
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WT2
908m
908m
4:30
Nov-Mär
11.5km
Die Es-Cha-Hütte kenne ich gut. Mehrmals war ich im Sommer hier, habe auf dem sonnigen Hüttenbalkon gesessen und den Blick über die Bergwelt des Engadins schweifen lassen. Doch wie ist es, den gleichen Weg im Winter zu gehen? Eine Schneeschuhtour dorthin stand schon lange auf meiner Liste – und an diesem perfekten Wintertag war es endlich soweit.


Start in Madulain: Der Aufstieg beginnt
Madulain ist das kleinste Dorf im Oberengadin und ein idealer Ausgangspunkt für ruhige Touren. Schon am Bahnhof ist kaum eine Menschenseele zu sehen. Ich schultere meinen Rucksack, ziehe die Schneeschuhe an und mache mich auf den Weg. Die Route führt mich erst ein Stück durch den lichten Lärchenwald, bevor sich das Gelände öffnet und der Blick auf das weite Hochtal frei wird. Der Schnee ist kompakt und trägt gut – ideale Bedingungen. Ein paar Skitourengeher ziehen Spuren in der Ferne, ansonsten bin ich allein.
Nach den ersten Höhenmetern beginnt der Aufstieg sich gleichmäßiger zu ziehen. Die Sonne wirft lange Schatten auf die unberührte Schneelandschaft, und ich genieße das Knirschen des Schnees unter meinen Füßen. Es ist eine dieser Touren, bei denen sich schnell ein Rhythmus einstellt – Schritt für Schritt, die Gedanken schweifen lassen, die Ruhe aufsaugen.



Der Weg zur Hütte: Winterstille und grandiose Aussichten
Mit jedem Schritt steigt die Vorfreude. Ich kenne die Strecke gut, doch die Winterlandschaft gibt ihr ein völlig neues Gesicht. Die vertrauten Kurven des Weges liegen unter einer makellosen Schneedecke verborgen, nur die Markierungsstangen ragen aus dem Weiß hervor. Rechts von mir fällt das Gelände steil ins Tal ab, während links die markanten Gipfel der Albula-Alpen aufragen. Der Blick zurück offenbart das tief verschneite Engadin mit seinen weiten Hochebenen und dem glitzernden Flusslauf des Inns.
Ich passiere die markante Geländekante, hinter der sich der Weg weiter in die Höhe schlängelt. Hier wird der Wind stärker, fegt feinen Pulverschnee über die Hänge und lässt die Szenerie fast unwirklich erscheinen. Immer wieder halte ich inne, um die Aussicht zu genießen. Kein Lärm, kein Trubel – nur die Stille der Berge.




In gleichmäßigem Rhythmus steige ich höher. Die Luft ist klar, die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel. Hier oben ist es vollkommen still – nur das leise Knirschen meiner Schneeschuhe durchbricht die Ruhe. Die letzten Kehren ziehen sich, doch dann taucht die Es-Cha-Hütte vor mir auf: ein kleiner, hölzerner Bau inmitten der unberührten Winterlandschaft.


Ankunft an der Es-Cha-Hütte: Winterraum-Romantik
Im Sommer herrscht hier oft geschäftiges Treiben – Wanderer, die sich eine Pause gönnen, Alpinisten auf dem Weg zum Piz Kesch. Doch heute ist alles still. Die Hütte ist nicht bewartet, nur der Winterraum steht offen. Ich schlage die Tür auf und trete in die warme, holzvertäfelte Stube. Drinnen ist es gemütlich, auf dem Tisch liegen noch ein paar Einträge im Hüttenbuch von anderen Wintergästen.


Für meine Mittagspause setze ich mich aber auf die Hüttenterrasse, die im Windschatten liegt. Von hier aus öffnet sich das gesamte Panorama: der mächtige Piz Kesch mit seinen vergletscherten Flanken, die markante Fuorcla Gualdauna und das sanfte, weiße Meer der Schneelandschaft. In der Ferne erkenne ich eine kleine Gruppe Skitourengeher, die eine Spur zum Pass hinaufziehen. Ansonsten – nichts als unberührte Natur.
Ich lasse mir Zeit, genieße die Stille und den Moment. Es ist etwas Besonderes, eine so bekannte Hütte einmal in einer anderen Jahreszeit zu erleben.


Der Abstieg: Rückweg entlang der Aufstiegsspur
Nach einer langen Pause und einem heißen Tee aus der Thermosflasche mache ich mich auf den Rückweg. Die Sonne steht schon tiefer, taucht die Hänge in ein warmes Gold. Der Abstieg verläuft flott, die Schneeschuhe greifen gut auf dem festen Untergrund. Ich folge meiner Spur zurück ins Tal, genieße noch einmal die Stille und die endlose Weite.
Die verschneite Landschaft wirkt im Nachmittagslicht noch intensiver, die Schatten werden länger. Ich nehme mir Zeit, bleibe öfter stehen als beim Aufstieg. Jetzt, wo ich den Gipfelmoment hinter mir habe, kann ich die Umgebung noch bewusster wahrnehmen.



Als ich Madulain wieder erreiche, liegt das kleine Dorf fast schon im Schatten der umliegenden Berge. Die ersten Lichter in den Fenstern beginnen zu leuchten, und ein Hauch von Rauch steigt aus den Kaminen auf. Ich bleibe einen Moment stehen, atme tief ein und lasse den Tag Revue passieren. Die Tour war alles, was ich mir erhofft hatte – ein perfekter Wintertag, eine einsame Route und eine bekannte Hütte in einem völlig neuen Gewand.


Tipp: Wenn du alleine unterwegs sein möchtest, plan die Tour am besten zu Beginn der Saison ein, da sie an der im Winter beliebten Haute Route Graubünden liegt und bei bewarteter Hütte dementsprechend stark frequentiert ist.
ECKDATEN
Dauer | 4:30 Stunden |
Höhenunterschied | ↗ 908m↘ 908m |
Schwierigkeit | WT2 |
Länge | 11.5 km |
Lage | Kanton Graubünden |
Genaue Route | Madulain – Es-cha-Hütte – Madulain |
Tour durchgeführt im | Januar 2025 |
Geeignet für Kinder | Für ältere Teenager sehr gut geeignet. Durch die Anzahl der Höhenmeter ist Ausdauer notwendig. |
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