
2-tägige Schneeschuhtour: Etappe 2 von Keschhütte nach Davos Teufi
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WT3
415m
1336m
6:00
Nov-Mär
19.3km
Die ersten Sonnenstrahlen treffen auf die Hüttenwand, während wir uns langsam aus dem warmen Hüttenbett herausbewegen. Die Nacht in der Keschhütte war überraschend ruhig, draußen hat der Wind leise um die Mauern geweht und es gab kein Schnarchkonzert in unserem Zimmer. Nun erwartet uns ein zweiter Tag voller winterlicher Berglandschaften: Der Abstieg von der Keschhütte nach Davos Teufi über die Alp Funtauna, den Scalettapass und das Dischmatal.


Am Vorabend haben wir uns beim Hüttenwart nach den Verhältnissen erkundigt (immer eine gute Idee!), da es für den zweiten Tag drei verschiedene Optionen für den Abstieg gibt. Wir hatten gehofft, dass die längste dieser Optionen möglich ist und aufgrund der Lawinenstufe 1 und der Berichte von anderen Gästen sollte der Weg über den Scalettapass gut machbar sein. Beim Frühstücksstart um 7 Uhr wird es voll im Frühstückssaal und es bildet sich eine lange Schlange am kleinen Büffet. Wie in den meisten Hütten ist das Frühstück sehr einfach, aber nahrhaft gehalten und der warme Tee tut gut.


Start in eine glitzernde Winterwelt
Gegen 8 Uhr packen wir unsere Rucksäcke, verstauen den restlichen Proviant und schnallen die Schneeschuhe an. Die Luft ist kalt, aber die Sonne verspricht einen traumhaften Tag. Nach zwei Wochen ohne Neuschnee prägt eine harte, kompakte Schneedecke das Bild. Unsere Schneeschuhe greifen gut, doch wir wissen, dass es bei steilen Querungen technisch anspruchsvoll werden könnte.
Zunächst steigen wir gemächlich ab, dem Weg folgend, der im Sommer zur Fuorcla Funtauna führt. Die Hänge sind hier angenehm geneigt, der Schnee trägt uns gut, und wir kommen zügig voran. Um uns herum ragen die Gipfel des Piz Kesch und des Piz Murtelet in den tiefblauen Himmel. Die Landschaft ist spektakulär, es gibt genügend Spuren zur Orientierung, und wir sind allein in dieser winterlichen Wildnis. Gelegentlich werden wir von Skifahrern überholt, aber wir werden heute fast den ganzen Tag alleine unterwegs sein.



Querung zur Alp Funtauna
Nach gut einer Stunde erreichen wir das Hochplateau vor der Fuorcla Funtauna. Die Aussicht ist fantastisch: Im Süden reicht der Blick bis zu den verschneiten Gipfeln des Engadins, im Westen leuchtet der Flüela Weisshorn. Bald erblicken wir die Alp Funtauna tief unter uns, unser nächstes Zwischenziel. Der Weg hierher führt entlang eines kleinen Baches, der auch im Winter noch munter sprudelt und in Schlängellinien durch den Schnee führt. Dieser Abschnitt der Schneeschuhtour ist landschaftlich wirklich grandios und war für mich eines der Highlights des Tages.
Der Weg verläuft relativ flach mit einer leichten Neigung und ist sehr entspannt zu laufen. So erreichen wir nach ca. 90 Minuten die Alp Funtauna auf 2.220 m – ein perfekter Platz für eine kurze Pause.



Ins Dischmatal
Von der Alp Funtauna aus ändert sich die Charakteristik der Tour. Der Blick öffnet sich nach Norden, das Dischmatal liegt weit unter uns, eingerahmt von sanften Berghängen. Unsere Route folgt hinter der Alp einen steilen Hang hinauf – es liegen ca. 450 Höhenmeter vor uns, die nun in einem Stück absolviert werden müssen. Je höher wir aufsteigen, umso mehr Kleidungsschichten legen wir ab. Der Weg ist leicht zu laufen und führt in zahlreichen Kehren den steilen Hang hinauf.


Wir treffen auf ein Pärchen, welches auch mit Schneeschuhen unterwegs ist und die wir bereits am Vorabend beim Abendessen kennengelernt haben. Sie sind auf dem Weg zur Grialetschhütte und werden dadurch einen Tag länger als wir unterwegs sein. Somit folgen sie einen kleinen Stück vom bekannten Kesch-Trek, der im Sommer Wanderer aus der ganzen Welt anlockt und wohl eine der bekanntesten 4-Tages-Wanderungen von Graubünden ist.

Nach ungefähr 30 Minuten stetigem Aufstieg erreichen wir den Scalettapass. Hier oben windet es ordentlich und wir verkriechen uns kurz in den Windschatten einer kleinen Hütte, die hier oben zu finden ist, für einen kleinen Schluck Tee. Es folgt ein herrlicher Abstieg bis zu einem Plateau, wo wir sogar Pulverschnee finden und den Hang runterrutschen können.


Die Schlüsselstelle bei Seeböden
Kurz bevor Dürrboden zu sehen ist, stoßen wir auf die technisch anspruchsvollste Stelle der Tour. Bei Seeböden muss ein Hang mit über 30 Grad gequert werden – unter den gegebenen Bedingungen mit hartem Schnee eine echte Herausforderung. Ein Ausrutscher hier wäre unangenehm. Wir umrunden die Steilstufe auf der östlichen Seite entlang der in Swisstopo eingezeichneten Skitourenspur. Wir nehmen uns Zeit, treten die Schneeschuhe besonders fest in die Spur, belasten jeden Schritt bewusst. Nach ungefähr 5 Minuten ist die Schlüsselstelle des heutigen Tages gemeistert und wir können bereits die Alp Dürrboden erblicken.


Wir suchen uns ein gemütliches Plätzchen für unsere Mittagspause und geniessen die Stille der Landschaft. Von hier aus geht es nun sanfter bergab. Die Hütten von Dürrboden erscheinen vor uns, eingebettet in eine weiße Landschaft. Im Sommer fährt der Bus bis zur Alp, die dann auch immer sehr gut besucht ist. Von hier ist es dann auch nur noch ein relativ kurzer Aufstieg zur Grialetschhütte. Im Winter liegt die Alp Dürrboden in tiefem Winterschlaf.


Das Finale: Durch das Dischmatal nach Teufi
Die letzten Kilometer durch das Dischmatal sind anfänglich ein reines Vergnügen. Die Landschaft ist offen, die Schneedecke glänzt in der späten Nachmittagssonne. Der Weg wird flacher, die Schritte leichter. Wir lassen den Blick schweifen, nehmen die Stille in uns auf. Später dann wird es etwas mühsam, da wir fast 2 Stunden im flachen Gelände unterwegs sind und der Weg sich reichlich in die Länge zieht. Wir beneiden die Skifahrer, die einfach an uns vorbeifahren können, während wir die Strecke zu Fuss zurücklegen müssen.


Kurz vor Davos Teufi wird die Schneedecke weicher, die ersten Anzeichen von Frühling sind zu spüren. Schließlich erreichen wir die kleine Ansiedlung, wo eine warme Stube und ein heisser Tee auf uns warten. Müde, aber glücklich, lassen wir die Tour Revue passieren: zwei Tage in unberührter Winterlandschaft, perfekte Bedingungen, eine anspruchsvolle, aber lohnende Route.


Fazit: Eine grandiose Schneeschuh-Durchquerung
Die Tour von der Keschhütte nach Davos Teufi ist wirklich eine sehr beeindruckende Schneeschuhtour. Die Abgeschiedenheit, die alpinen Panoramen und die sportliche Herausforderung machen sie zu einem unvergesslichen Erlebnis. Für die Tour ist Bergerfahrung zwingend notwendig inklusive der Handhabung von LVS, Sonde und Schaufel. Wer sich auf diese Tour einlässt, sollte trittsicher sein und Erfahrung mit winterlichen Bergtouren haben. Besonders die Schlüsselstelle vor Dürrboden erfordert ein gutes Gespür für den Untergrund. Doch wer die Herausforderung annimmt, wird mit einer wirklich schönen Winterlandschaft belohnt.

Tipps für die Tour
Wetterbericht prüfen: Besonders bei harter Schneedecke kann eine südseitige Querung schnell eisig werden.
Ausrüstung anpassen: LVS-Ausrüstung zwingend notwendig bei dieser Tour. Lawinenbericht studieren. Bei hoher Lawinenstufe anderen Abstieg für den 2. Tag suchen.
Früh starten: So bleibt genug Zeit für Pausen und eine sichere Querung heikler Passagen.
Erfahrung mitbringen: Die Tour ist kein Einsteigerabenteuer – alpine Erfahrung im Winter ist von Vorteil.
Einkehrmöglichkeiten: In Davos Teufi gibt es eine gemütliche Stube, perfekt für den Abschluss der Tour. Verkürzt die Wartezeit für den stündlich fahrenden Bus.


ECKDATEN
Dauer | 6:00 Stunden |
Höhenunterschied | ↗ 415m↘ 1336m |
Schwierigkeit | WT2 |
Länge | 19.3 km |
Lage | Kanton Graubünden |
Genaue Route | Keschhütte – Alp Funtauna – Scalettapass – Dürrboden – Davos-Teufi |
Tour durchgeführt im | März 2025 |
Geeignet für Kinder | Für ältere Teenager sehr gut geeignet. Motivation muss aber für den sehr langen Abfstieg vorhanden sein. |
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