
Alpenpässeweg: Tag 2 Cabane de Dix – Cabane de Prafleuri
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T2
502m
790m
4:25
Jul-Okt
11.7km
Ein neuer Tag beginnt in der Cabane de Dix, 2928 Meter hoch über dem Val d’Hérémence. Noch vor dem Frühstück mache ich mich auf den Weg zur Tête Noire, einem nahegelegenen Gipfel, um den Sonnenaufgang in aller Stille zu genießen. Von hier oben bietet sich ein atemberaubender Blick über die schneebedeckten Gipfel und das tief liegende Tal – ein unvergesslicher Moment, bevor der Tag so richtig beginnt. Zurück in der Hütte gibt es ein warmes Frühstück, Rucksack packen, ein letzter Blick auf das beeindruckende Panorama. Dann geht es los. Heute erwartet uns eine weitere eindrucksvolle Etappen des Alpenpässewegs – eine hochalpine Route voller Kontraste, mit grandiosen Blicken, schroffen Pässen und stillen, einsamen Tälern. Ziel ist die Cabane de Prafleuri.


Nach einer eher unruhigen Nacht (das mag bestimmt auch an der Höhe liegen) stehe ich schon früh auf, um mir den Sonnenaufgang anzuschauen. Schon am Vortag hatte ich den nahegelegenen Gipfel des Tete Noir gesehen und habe diesen nun für den Sonnenaufgang auserkoren. Und es war genau die richtige Entscheidung! Am Gipfel treffe ich noch ein Mutter-und-Tochter-Duo, die einen Teil des Alpenpässewegs zusammen zurücklegen – was für ein cooles Projekt für die beiden. Während die Tochter für 1 Woche unterwegs ist, ist ihre Mutter bereits fast 1 Monat auf dem Weg und hat bereits den langen Weg von Graubünden hierher zurückgelegt. Was für eine Leistung! So können wir zu dritt den umwerfenden Sonnenaufgang erleben und haben hier oben einen 360-Grad-Blick.


Der Himmel erstrahlt in allen nur ermöglichen Farben und es sind genau diese Momente, die ich in den Bergen so sehr geniesse und die den Aufenthalt hier zu etwas Besonderem machen. Von daher würde ich dir diesen kleinen Aufstieg am Morgen unbedingt empfehlen, sofern du das passende Wetter dafür bei deinem Aufenthalt hast.


Nach einem feinen Frühstück mit guter Unterhaltung verabschieden wir uns vom unglaublich netten Hüttenteam – wir haben uns hier pudelwohl gefühlt und können die Hütte uneingeschränkt empfehlen! Die Tour beginnt mit einem kleinen Aufstieg zu einem Pass, der den Tete Noire umrundet. Von hier geht es dann erstmal lange und teilweise steil bergab in Richtung Stausee. Bereits früh am Morgen sehen wir hier die ersten Steinböcke, die jedoch weit weg sind und in der Ferne grasen.


Am Stausee Lac des Dix vorbei
Wir laufen entlang einer Endmuräne auf einem wahren Schutthaufen. Bald erreichen wir den beeindruckenden Lac des Dix, einem riesigen Stausee, dessen türkisblaues Wasser im Kontrast zu den schroffen Felslandschaften ringsum steht.


Die Szenerie ist atemberaubend – der ruhige Wasserspiegel reflektiert die umliegenden Gipfel, während das Rauschen der Bäche, die sich in den See ergießen, die Stille durchbricht.


Was nun folgt ist ein kleiner Gewaltmarsch, denn der Weg entlang des Stausees will einfach nicht enden. So laufen wir über 1 Stunde auf einer breiten Strasse am See entlang und zählen die verbleibenden Kilometer, bis der Wanderweg endlich links abzweigt und an Höhe gewinnt. So schön der See und die Landschaft ist, braucht es bei diesem Abschnitt schon guten Durchhaltewillen. Zwischendrin treffen wir auf einen Mann, der für die schwarzen Kühe verantwortlich ist, die hier überall am Seeufer grasen und von denen er fast 10 nicht finden kann. Leider sind wir keine grosse Hilfe, aber wir sind in Versuchung ihn zu fragen, ob er uns ein Stück mit dem Auto mitnimmt.
Wer hier weiterliefe, käme an der mächtigen Staumauer der Grande Dixence vorbei, eines der beeindruckendsten Bauwerke der Alpen. Mit ihren 285 Metern Höhe ist sie die höchste Gewichtsstaumauer der Welt. Der Kontrast zwischen der technischen Meisterleistung und der ungezähmten Natur ringsum ist faszinierend. Von hier gäbe es auch einen Wanderweg hoch zum Tagesziel, aber dann würde man nicht am Col de Prafleuri vorbeikommen und vor allem den Blick von oben auf den Stausee nicht bewundern dürfen.


Vorbei an der Cabane de la Barmaz und der Cabane des Ecoulaies
Nachdem wir vom Stausee abgebogen sind, erreichen wir kurz drauf die Cabane de la Barmaz, eine kleine, oft wenig frequentierte Hütte, die sich harmonisch in die raue Berglandschaft einfügt. Wer eine ruhigere Alternative zur Cabane de Dix sucht, könnte hier übernachten. Die Hütte bietet allen notwendigen Komfort mit zahlreichen Schlafgelegenheiten, einer Toilette, einer Kochmöglichkeit, Getränken und auch Wasser (dieses muss allerdings abgekocht werden). Wir lassen uns draussen in der Sonne nieder und geniessen unsere Mittagspause an diesem überaus idyllischen Plätzchen.



Nach unserer Mittagspause geht es weiter bergauf und nach ungefähr 20 Minuten erreichen wir eine weitere Selbstversorgerhütte – die Cabane des Ecoulaies. Auch diese gemütliche Hütte eignet sich als Alternative, falls eine der anderen Hütten bereits ausgebucht ist.



Über den Col de Prafleuri
Ab hier führt der Weg immer steiler werden hinauf zum nächsten Höhepunkt des Tages: den Col de Prafleuri. Der Blick zurück auf die Gletscherlandschaft des Glacier de Cheilon ist spektakulär. Besonders beeindruckend ist die mächtige Pyramide der La Luette, die über der Szenerie thront. Der Aufstieg selbst ist technisch nicht schwierig, aber der Untergrund ist lose, und die Höhe macht sich bemerkbar. Schritt für Schritt gewinnen wir an Höhe, bis wir schließlich den Pass erreichen.


Oben am Col ist so einiges los und uns kommen mehrere Wandergruppen entgegen, sogar Amerikaner. Als wir ihnen verraten, dass sie gleich einen Steinbock sehen werden, sind sie total aus dem Häuschen, da sie diese nicht von Zuhause kennen. Während eine Steinbocksichtung für uns in der Schweiz zwar immer noch etwas Besonderes ist, kann es vor allem im Wallis und Graubünden immer wieder geschehen, so dass wir auf unseren Wanderungen teilweise mehrmals pro Jahr das Glück haben, diesen Tieren zu begegnen.


Oben am Wegweiser hat sich ein Steinbock ganz gemütlich niedergelassen, so dass wir ihn eine Zeitlang beobachten können. Wir haben es eh nicht eilig, da wir die Hütte von hier oben bereits sehen können. Nach einer Weile begibt er sich in Richtung Stausee und bietet ein perfektes Fotomotiv. Wow – was für ein Moment!


Auf dem Weg zur Cabane de Prafleuri
Hinter dem Pass geht es über Geröll und steinige Pfade weiter Richtung Hütte. Die Landschaft bleibt wild und abgeschieden, und es sind mehr und mehr Wanderer unterwegs. Die Cabane de Prafleuri liegt abgeschieden in einer wilden,unwirtlichen Umgebung – ein perfekter Ort, um die Eindrücke des Tages
nachklingen zu lassen. Von weitem erinnert sie mit ihren bunten Sonnenschirmen und Liegestühlen an eine Hütte an einer Skipiste.

Nach dem Einchecken und dem Bezug des Zimmers machen wir uns auf den 5-minütigen Weg zur Outdoor-Dusche. Diese ist fast genauso cool wie die von der Cabane de Dix und da wir früh am Nachmittag bereits auf der Hütte sind, müssen wir nicht anstehen und haben auch warmes Wasser, welches im Wasserschlauch von der Sonne aufgewärmt wurde. Die Dusche besteht aus 2 Paletten, die zusammengezimmert wurden und dadurch die notwendige Privatsphäre bietet. Wiederholt ist es ein tolles Gefühl, mitten in der Bergwelt eine Dusche zu finden, die dann auch noch solch einen Blick bietet.


Wir hatten im Vorfeld gemischte Bewertungen über die Hütte gelesen. Auch wir sind etwas verwundert, über die Tatsache, dass man die Rucksäcke an einem Anbau in Schliessfächer einstellen muss und nur einen kleinen Behälter mit aufs Zimmer nehmen darf. Ausserdem müssen wir alle unsere Betten mit weissen, knisternden Bezügen beziehen. All dies, um Bettwanzen vorzubeugen. Die Zimmer sind gross und modern und haben sogar Steckdosen auf dem Zimmer.
Das Hüttenteam empfängt uns aber überaus freundlich und bietet uns eine grosse Auswahl an Kuchen an. Abends sitzen wir mit anderen Wanderern aus der ganzen Welt zusammen (alle gehen in die entgegengesetzte Richtung), als uns noch ein paar Gemsen besuchen kommen, die am nahegelegenen Stein Salz ablecken und daher gut zu beobachten sind.



ECKDATEN
Dauer | 4:25 Stunden |
Höhenunterschied | ↗ 502 Hm, ↘ 790 Hm |
Länge | 11.7 km |
Schwierigkeit | T2 (mittel) |
Lage | Kanton Wallis |
Genaue Route | Cabane de Dix – Lac de Dix – Refuge de la Barmaz – Col des Roux – Cabane de Prafleuri |
Tour durchgeführt im | September 2024 |
Geeignet für Kinder | Ab Teenageralter. Technisch nicht anspruchsvoll, aber lange Etappe. |
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